In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 20. Dezember, verabschiedete der Gemeinderat den Doppelhaushalt 2019/2020. Unsere Fraktionsvorsitzende Beate Deckwart-Boller erläuterte in ihrer Haushaltsrede die grünen Erfolge. Hier finden Sie die komplette Rede im Wortlaut. Es gilt das gesprochene Wort!
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Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
mal wieder befinden wir uns in der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres und heute soll der Haushalt für die Jahre 2019 und 2020 verabschiedet werden.
Es ist erneut ein Haushaltpaket, an dem fast alle Gruppierungen dieses Gemeinderates mitgewirkt haben. Entsprechend haben alle Beteiligten ihre Ideen einbringen können und gleichzeitig mussten alle auch einige ihrer Ideen streichen. Herausgekommen ist ein Haushalt, mit dem wir alle ganz gut leben können. Durch unseren Haushalt bekommt die Stadtverwaltung ein großes Paket an Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Wir haben auf die globale Minderausgabe verzichtet und an wichtigen Stellen Personalstellen eingestellt. Wir verlassen uns darauf, dass die Dinge, die wir hier und heute beschließen, dann auch umgesetzt werden.
Mit Abstand die größte Veränderung wird es beim Thema Kinderbetreuung geben. Dort kommen allein schon 6,3 Mio. Euro vom Land. Auf dieser Grundlage und mit unseren eigenen Mitteln möchten wir, dass die Stadt und andere Träger in den Bau neuer Kitas investieren. Es gibt inzwischen eine große Trägervielfalt, die wir auch begrüßen. Aber es hat sich gezeigt, dass diese Kitas sehr unterschiedlich sind, in der Qualität und im Preis, den die Eltern bezahlen müssen. Und die Träger, die sich an das gestaffelte und einkommensabhängige Tarifsystem halten, haben Schwierigkeiten mit ihrer Finanzierung. Das heißt, wir werden Träger mit höheren Investitionskosten unterstützen, die den Elternbeitrag einkommensabhängig staffeln. Und wir werden als Stadt mit gutem Beispiel vorangehen und selbst neue Kitas bauen.
Die städtischen Plätze sind bezahlbar und die Schließzeiten in den Ferien überschaubar. Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Öffnungszeiten überprüft werden. Von 7 bis 17 Uhr ist gut, aber viele Eltern müssen früher mit der Arbeit beginnen oder länger am Abend bleiben, deshalb sind Öffnungszeiten von 6 bis 18 oder 19 Uhr wünschenswert. Ja, wir wissen, dass auch das etwas kostet, aber wenn wir in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer besser werden wollen, müssen wir über solche Angebote unbedingt nachdenken.
Apropos Kosten: Kostenlose Kita für alle finden wir den absolut falschen Weg. Um zu erreichen, dass Eltern, die wenig Geld haben, nichts bezahlen müssen, können wir doch nicht auf die Gebühren derjenigen Eltern verzichten, die viel Geld haben – und davon gibt es in Heidelberg nicht wenige. Das Ganze nennt sich Solidargemeinschaft und daran sollten wir festhalten.
Aus dem Bericht zur sozialen Lage wissen wir, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft. Deshalb erhöhen wir die Einkommensgrenzen für den Heidelbergpass. Dann können mehr Menschen als bisher dessen Vorteile nutzen, auch Eltern, die dann für den Kindergartenplatz nichts mehr bezahlen müssen. Da wir kinderreiche Familien unterstützen wollen, soll die Kita ab dem dritten Kind einer Familie ebenfalls frei sein.
Im Bericht zur sozialen Lage, dessen Lektüre ich allen nur wärmstens empfehlen kann, haben wir auch gelernt, dass es in den Stadtteilen Anlaufstellen geben muss, die niederschwellig erreichbar sind, wo Menschen zu finden sind, die ansprechbar sind. Deshalb freuen wir uns, dass unser Antrag 25.000€ für das Concierge-Modell einzustellen, im Paket enthalten ist. Zwar ist uns noch nicht klar, was die Verwaltung mit Concierge-light meint, aber das erklärt sie uns bestimmt im nächsten ASC. Auch beim Sozialticket wird es Verbesserungen geben.
Kommen wir zur Kulturförderung. Da hat die SPD vor zwei Jahren tatsächlich gedacht, mit einer Neukonzeptionierung der Kulturförderung in Heidelberg den großen Wurf zu tätigen. Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet, würde ich da mal behaupten. Herausgekommen ist nach zwei Jahren eigentlich so gut wie nichts, außer einer großen Verunsicherung bei allen, die von dieser Kulturförderung abhängig sind.
Deshalb eine Förderung für nur ein Jahr zu beschließen, ist eigentlich unredlich von uns. Wir möchten, dass es endlich vorwärts geht und zwar mit den Kulturschaffenden. Also bitte, setzen Sie sich mit den Akteur*innen zusammen und machen Sie uns endlich einen Vorschlag, wie es in der Kulturförderung künftig weitergehen soll.
Beim Straßenverkehr setzen wir nach wie vor auf umweltfreundliche Verkehrsmittel, also auf den ÖPNV und das Fahrrad. Für den Ausbau des Radverkehrs wollen wir deshalb im Jahr 2019 300.000€ und im Jahr 2020 600.000€ ausgeben, das ist auf jeden Fall gut angelegtes Geld.
Das kostenlose Semesterticket für Erstsemster, die sich in Heidelberg mit erstem Wohnsitz anmelden, wird es wieder geben und wir führen ein Kurzstreckenticket in Heidelberg ein.
Bekanntlich ist uns der ÖPNV sowieso sehr wichtig, alles andere passt auch nicht in eine klimafreundliche Kommune. Einen zukunftsfähigen Betriebshof sehen wir nur auf dem Gelände des Airfields. In diesem Zusammenhang sind wir mehr als überrascht darüber, dass für den Betriebshof am Ochsenkopf jetzt mal locker 20 Mio. € mehr ausgegeben werden sollen, als am Airfield nötig gewesen wären. In anderen Bereichen feilschen wir manchmal um 1000€.
Apropos Geld, mitten im Masterplanprozess jetzt mehrere Millionen Euro für Sofortmaßnahmen auszugeben, um den Autoverkehr aus dem Neuenheimer Feld heraus zu bekommen, macht durchaus Sinn. Es dürfen allerdings keine Maßnahmen sein, die unmittelbar in den Masterplanprozess eingreifen würden. Deshalb wollen wir das Geld im Haushalt einstellen und es für mehr Fahrradabstellplätze an den Straßenbahnhaltestellen ausgeben. Wir wollen, dass alle Parkplätze im Neuenheimer Feld bewirtschaftet werden, dass es eigene Busspuren gibt, von mir aus auch auf dem Klausenpfad, dass alle Arbeitgeber ihren Angestellten ein Jobticket anbieten und dass Besucher*innen des Zoos und des Tiergartenschwimmbades eine Ermäßigung im Eintritt bekommen, wenn sie ein ÖPNV-Ticket vorzeigen können. Das sind nur einige der Maßnahmen, die wir geprüft haben wollen. Und das Maßnahmenpaket darf nicht nur im SEVA diskutiert werden, sondern es gehört natürlich auch in die entsprechenden Bezirksbeiräte. Auch diese Maßnahmen kosten Geld, sind aber kurzfristig umzusetzen und stören nicht den Masterplanprozess.
Zum wichtigsten Thema in dieser Stadt, der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und der dazugehörigen aktiven Bodenpolitik, haben wir gute Kompromisslösungen gefunden. Es ist uns wichtig, dass das Wohnen in unserer Stadt für alle Menschen bezahlbar bleibt. Daher haben wir einen der Leitanträge zum Thema Wohnen formuliert.
Unsere Konzepte hierfür sind z.B. eine aktive Bodenpolitik und die Einführung eines Vergabesystems auf Erbpachtbasis, bei dem Schlüsselprojekte in Erbpacht vergeben werden. Hiermit soll eine langfristige Sicherung für soziale Nutzungen erfolgen und die Bewahrung zukünftiger planerischer Gestaltungsspielräume erhalten werden – so kann dauerhaft die soziale Stabilität von Stadtvierteln gesichert werden. Ebenso soll ein Vorkaufsrecht bei Schlüsselgrundstücken für Baugenossenschaften u.a. geschaffen werden. Außerdem soll die Stadt zukünftig als Zielmarke 30% der Wohnungen im städtischen Eigentum bzw. im Eigentum städtischer Gesellschaften oder in Erbbaurecht halten. Bei Neubauten muss in Zukunft ebenso mindestens 30% sozialgebundener Wohnraum (Landeswohnraumförderungsgesetz) geschaffen werden.
Um bei weiteren Maßnahmen und Stadtentwicklungen ggf. weitergehende Mietpreiskonzepte umsetzen zu können, evaluiert die GGH kontinuierlich die Erfahrungen mit dem „Mietpreiskonzept Hospital“ und stellt dem Gemeinderat die Ergebnisse zu Verfügung. Ebenfalls erstellt sie auf Basis der Erfahrungen ein Konzept, was eine Anwendung dieses Konzeptes auf den gesamten Mietbestand der GGH finanziell bedeuten würde und wie eine schrittweise Umsetzung erfolgen könnte.
Bevor ich mit meinen Ausführungen schließe, muss ich noch auf ein Problem aufmerksam machen. Vor zwei Jahren hatte ich genau an dieser Stelle darum gebeten, den Haushaltentwurf früher einzubringen, am besten direkt nach den Sommerferien, damit wir mehr Zeit haben, uns damit zu beschäftigen. Bekommen haben wir wieder zwei Monate, wie immer. Das ist unfair und zeugt nicht gerade von Wertschätzung unserer Arbeit. Schließlich sind wir alle zusätzlich mit dem Standort eines zukünftigen Betriebshofes, dem Standort eines Ankunftszentrums, Listenaufstellungen für die nächste Kommunalwahl, Wahlprogrammen usw. beschäftigt, von Beruf und Familie ganz zu schweigen. Deshalb an dieser Stelle nochmals meine Bitte: Lassen Sie den Stadträtinnen und Stadträten mehr Zeit, sich mit dem immer komplexer werdenden Haushalt zu beschäftigen. In Karlsruhe zum Beispiel wurde der Haushaltentwurf dieses Jahr vor den Sommerferien eingebracht und Ende November verabschiedet. Warum soll das bei uns nicht möglich sein? Vielleicht werden wir ernster genommen, wenn wir Anfang nächsten Jahres zu diesem Thema einen Antrag stellen und dann schon einen Zeitplan für die nächsten Haushaltberatungen einfordern, um ggf. nachsteuern zu können.
Jetzt aber wünsche ich uns allen erst einmal frohe und gesegnete Weihnachtstage und ein friedliches und glückliches Neues Jahr. Ich danke allen, die sich für unsere Stadt engagieren und freue mich auf die Zusammenarbeit im neuen Jahr.
Heidelberg, 20.12.2018
Beate Deckwart-Boller, Fraktionsvorsitzende Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Es gilt das gesprochene Wort
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