Stadtblattartikel von Julian Sanwald – Ausgabe vom 01.12.2021 //
Eigentlich wäre jetzt der Zeitpunkt, einen schönen 1. Advent zu wünschen, den tollen Heidelberger Weihnachtsmarkt zu loben und sich auf ein Weihnachtsfest im großen Familienkreis zu freuen. Doch die Corona-Pandemie holt uns schnell in die traurige Realität zurück.
Seit Anfang des Jahres arbeite ich auf einer Intensivstation am Heidelberger Universitätsklinikum und seit zwei Wochen befinden wir uns wieder im Krisenmodus. Statt wie sonst zwölf Intensivbetten für gastroenterologische Patient*innen haben wir mittlerweile wieder 20 Betten mit Covid-Patient*innen belegt. Die meisten liegen im künstlichen Koma und müssen maschinell beatmet werden. Der größte Teil der Patient*innen ist nicht geimpft, bei den wenigen Geimpften spielen maligne Vorerkrankungen oder Immunschwächen eine große Rolle. Um das hohe Patientenaufkommen zu bewältigen, ist natürlich personelle Unterstützung von anderen Intensivstationen notwendig. Personal, welches dann dort fehlt.
Das Arbeiten im Isolationszimmer stellt jede*n vor besondere Herausforderungen. Man schwitzt, die Brille beschlägt und aufgrund der FFP3-Schutzmaske ist das Atmen erschwert. Teilweise verbringt man mehrere Stunden ohne Pause bei einem kritischen Covid-Patienten. Meine Kollege*innen von pflegerischer als auch von ärztlicher Seite bereiten sich auf ein Arbeiten am absoluten Limit in den nächsten Wochen vor. Einzige Hoffnung bietet ein starker Zusammenhalt als Team sowie die gewonnenen Erfahrungen aus den letzten Coronawellen.
Das politische Hoffen der Bundesregierung auf ein Wunder ist leider auf ganzer Linie gescheitert. Die Infektionszahlen werden nicht durch die Booster-Impfung oder 2G-Regeln rechtzeitig oder in dem notwendigen Ausmaß reduziert werden, darüber sind sich alle Expert*innen einig. Wir werden, wenn sich nicht schnell etwas ändert, nicht wieder mit einem „blauen Auge“ davonkommen. Angesichts der extrem hohen Inzidenzen sowie der neu aufgetretenen und besorgniserregenden Corona-Variante Omikron muss die neue Bundesregierung konsequent handeln. Die Wucht der 4. Welle kann nur noch durch eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung gebrochen werden. Dies bedeutet leider auch, dass alle Opfer bringen müssen.
Aktuell bleiben mir nur Appelle. Bitte reduzieren Sie Ihre Sozialkontakte auf ein Minimum, halten Sie die AHA-Regeln konsequent ein und lassen Sie sich impfen! Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich schon mal einen ähnlichen Artikel hier an dieser Stelle geschrieben. Ich hoffe sehr, dass ein dritter nicht mehr notwendig sein wird. Leisten auch Sie bitte Ihren Beitrag, diese schreckliche Pandemie möglichst bald möglichst effektiv einzuschränken.
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