Stadtblatt-Beitrag von Anita Schwitzer – Ausgabe vom 11.03.2020 //
Am 8. März wurde der Internationale Frauentag gefeiert. In Zeiten von Gender und Diversity wird oft hinterfragt, ob unsere Gesellschaft es noch nötig hat, sich explizit der Frauen anzunehmen. Ein Blick in die Statistiken zeigt, dass wir sicher schon wichtige Etappen auf dem Weg zu Chancengerechtigkeit und Gleichstellung erreicht haben, aber es immer noch viel zu tun gibt: Auch in Deutschland gibt es Femizid – im Jahr 2019 wurden 176 Frauen von ihren Partnern umgebracht. Körperliche, psychische und verbale Gewalt gegen Frauen durchziehen alle Gesellschaftsschichten, sexuelle Übergriffe sind weit verbreitet, strukturelle Ungleichheiten offenbaren sich u.a. in der Besetzung der Führungspositionen und beim Gehaltszettel, die Erwartungen, welchen Anteil Frauen an Kindererziehung und Haushalt übernehmen sollen, sind oft noch von veralteten Vorstellungen überlagert. Doch nicht nur von Frauenseite bedarf es Mut, für Veränderungen einzutreten, auch Männer sind gleichermaßen aufgefordert, ihren Anteil an Verantwortung anzuerkennen und zu übernehmen.
Ein Blick über die europäischen Grenzen hinaus macht weiter offenbar, warum der Weltfrieden in besonderem Maße für die Frauen von Bedeutung ist. Die Ausstellung „Woran das Herz hängt. Flucht und Erinnerung. Habseligkeiten von Frauen auf der Flucht“, die seit Freitag im Foyer des Rathauses zu sehen ist, zeigt uns in eindrücklicher Weise, wie sehr Frauen gerade in Kriegszeiten bedroht sind und vielfältig Gewalt, Unrecht und Entbehrung erleiden müssen. Traumatisierende Erfahrungen von Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen, von Verlusten der Heimat und von engsten Familienangehörigen gehören zum Fluchtalltag der Frauen. Dem interkulturellen Frauen-Verein e.v.a. (https://www.eva-heidelberg.de/) ist diese Ausstellung zu verdanken, mit der die persönliche Geschichte der Frauen auf der Flucht nahegebracht wird. Aus Plastikabfällen gebasteltes Kinderspielzeug berichtet von der Willkür, der viele Frauen ausgesetzt sind. Weil ihr Glaube nicht mit dem des Regimes des Landes konform ist, werden sie inhaftiert und müssen hinter Gittern ihre Kinder zur Welt bringen und groß ziehen. Sie werden als Hexen verleumdet und verfolgt, so dass ihnen nur noch die Flucht bleibt. Kleine Erinnerungsstücke wie ein Paar Ohrringe, ein schlichtes Armband oder ein Schal erzählen vom Abschiednehmen, von Schmerz und den Ängsten dieser Frauen. Aber auch von der Hoffnung, dass sich ihr Leben durch die Flucht zum Guten wenden wird. Und wir erfahren einmal mehr, warum es wichtig ist, den 8. März als Frauentag zu begehen.
Anita Schwitzer
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