Gedanken zur 9. Stolpersteinverlegung in der Pädagogischen Hochschule am 10.Februar 2020 von Bürgermeister Wolfgang Erichson:
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Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie -auch in Namen von Herrn Oberbürgermeister Dr. Würzner- ganz herzlich zum Abschluss der heutigen Stolpersteinverlegung.
152 Stolpersteine erinnern inzwischen in Heidelberg an Bürger und Bürgerinnen, die während der NS-Zeit verfolgt, vertrieben, ermordet worden sind: an Juden, Homosexuelle, politisch Verfolgte, Zeugen Jehovas und „Euthanasie“-Ermordete.
Heute und morgen werden erneut 39 Heidelberger Opfern die Namen zurückgegeben. Seit März 2008 gibt es in Heidelberg eine Initiative von Bürgerinnen und Bürgern, die sich dafür einsetzt, dass auch in dieser Stadt Stolpersteine zum Gedenken an verfolgte und ermordete ehemalige Bürgerinnen und Bürger verlegt werden.
Stolpersteine sind kleine Gedenksteine, die vor den einstigen Wohnhäusern von NS-Opfern in das Straßenpflaster verlegt werden. In die 10 mal 10 cm großen Messingplatten sind die Namen, Lebensdaten und Hinweise auf das Schicksal des jeweiligen Opfers eingraviert.
Die Steine werden seit 1996 auf Initiative von Bürgern zusammen mit dem Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt, bei dem ich ganz herzlich dafür bedanke, dass er auch diesmal wieder persönlich einige der Steine verlegen wird.
Für die Stadt Heidelberg ist das Erinnern an die Opfer der NS-Zeit ein wichtiger Bestandteil unserer Erinnerungsarbeit und Stolpersteine sollen diese ergänzen.
Sie sind Zeichen von Lebensspuren im Alltag und erinnern an die Verbrechen der Nationalsozialisten an den Stellen, wo die Verfolgten und Ermordeten gewohnt und gelebt haben, nämlich mitten in der Stadt. Sie erinnern an einzelne Personen und zeigen durch ihre dezentrale Verteilung, wie sehr die Verfolgten Teil der Gesellschaft waren.
Sie schärfen das Bewusstsein von der „Zerbrechlichkeit der Zivilisation“ (Jutta Limbach).
Durch die Mitarbeit von Schülern mit ihren Lehrern oder auch von Jugendgruppen bei der vorbereitenden Erarbeitung einzelner Biographien sind die Stolpersteine ein Bestandteil zu einem lebendigen und eindrücklichen Geschichtsunterricht.
Wir, die wieder später geboren wurden haben die Pflicht aufzuklären, um eine Wiederholung dieser grauenhaften Geschehnisse zu verhindern und um den unauflöslichen Zusammenhang von Erinnerungs- und Zukunftsfähigkeit begreifen.
Die Erinnerung muss auch zukünftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Aus ihr wächst die Verpflichtung, in Zukunft neuen Gefahren für Menschenwürde, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie rechtzeitig entgegenzutreten.
Wenn das Unfassbare, das von Deutschland ausgegangen ist, sich nicht wiederholen soll, dann müssen wir im Alltag dafür sorgen, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Religion und unterschiedlicher kultureller Tradition gemeinsam und in Achtung und Respekt voreinander leben – hier in Heidelberg, in Deutschland, in Europa und überall auf der Welt.
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