Stattblatt von Stadträtin Dr. Luitgard Nipp-Stolzenburg vom 29.08.2018
Wer glaubt, dass Zoos nur exotische Tiere präsentieren wollen, war lange nicht mehr im Heidelberger Zoo. Im Sommerprogramm der GRÜNEN Gemeinderatsfraktion ließen wir uns von Direktor Dr. Klaus Wünnemann durch den Zoo führen und erfuhren dabei auch viel über Nutztierhaltung. Gleich beim Eingang machte uns Herr Wünnemann auf anregend gestaltete Stände aufmerksam. Dort wird anschaulich informiert, welche Folgen unser hoher Fleischkonsum hat: für die Quantität und Qualität der Nutztierhaltung, für den Flächenverbrauch und für das Klima.
Da Flächenverbrauch für Landwirtschaft – vor allem große Monokulturen – meist die natürlichen Lebensräume wildlebender Tiere vernichtet, sind deswegen immer mehr Arten vom Aussterben bedroht. Der Heidelberger Zoo engagiert sich seit über zehn Jahren in Westafrika, wo in den letzten Resten der Regenwälder einige sehr seltene Affenarten leben. Es war spannend zu hören, wie Herr Wünnemann in einer gezielten Aktion im Verbund mit anderen Zoos und Naturschützern vor Ort einen Palmöl-Plantagen-Plan von Unilever verhindern und wertvollen Regenwald schützen konnte.
Derzeit unterstützt der Heidelberger Zoo eine Aktion „Silent Forest“. Es geht um Singvögel, die in Südostasien gefangen und für private – nicht artgerechte – Haltung oder für Gesangswettbewerbe verkauft werden. Die Vögel überleben das nicht lange, und sie sind in ihrer Art durch die exzessiven Fangmethoden inzwischen vom Aussterben bedroht. Auch hier engagiert sich das internationale Netzwerk der Zoos.
Eine weitere Aktion gibt es auf Madagaskar. Die wachsende Bevölkerung braucht Anbauflächen für Lebensmittel und zerstört dafür die Habitate seltener Tierarten. Da sind Zoos und Naturschützer vor allem in der Beratung der Bauern tätig. Wenn durch Bewässerung und effizienteren Anbau von Nutzpflanzen weniger Fläche gebraucht wird, kann der Regenwald geschont werden. Und die Menschen vor Ort lernen auch, dass sie durch den zunehmenden Naturtourismus Einnahmen erzielen und vom Schutz der Wildtiere leben können. Selbstverständlich entstand in unserer Besuchergruppe beim Thema Naturtourismus eine Diskussion über die klimaschädlichen Flugreisen. Herr Wünnemann verwies auf die Möglichkeit von freiwilligen Kompensationszahlungen, aus deren Ertrag zumindest Aufforstungs-Projekte finanziert werden können.
Beim Gang von Gehege zu Gehege erzählte uns Herr Wünnemann sehr eindrucksvoll, was der Zoo für den Erhalt einzelner Arten unternimmt. Wie die meisten Zoos bietet auch der in Heidelberg (Über-)Lebensraum für bedrohte Arten. Gelegentlich können im Zoo gezüchtete Tiere in Wiederansiedlungsprogramme aufgenommen und in ihre ursprünglichen Lebensräume entlassen werden. Damit das genetische Material für die Züchtung möglichst breit gestreut ist, gibt es ein Erhaltungszuchtprogramm, das im internationalen Netzwerk der Zoos überwacht und gesteuert wird. Dafür werden Tiere für die Züchtung gezielt ausgetauscht.
Wir hörten auf unserem Rundgang zudem, dass das Watt an der Nordsee noch wichtiger sei als der Nationalpark im Schwarzwald, weil durchreisende Zugvögel hier genügend energiereiche Nahrung für den Weiterflug finden. Wir lernten, dass Hornraben relevante Helfer bei der Bekämpfung von Heuschreckenpopulationen sind. Wir erfuhren viel über das Sozialverhalten und die Familienstrukturen von Elefanten. Und wir bekamen große Lust, den Zoo häufiger und intensiver zu besuchen. Das legen wir auch Ihnen ans Herz.
Stattblatt statt Stadtblatt: Das offizielle Stadtblatt der Stadt Heidelberg macht in den Sommerferien eine Pause und damit auch die „Stimmen aus dem Gemeinderat“, wo sich die Grüne Gemeinderatsfraktion jeden Mittwoch zu kommunalen Themen äußert. Da die Grüne Fraktion aber auch im Sommer aktiv ist und es auch jetzt genug zu berichten gibt, veröffentlichen wir jeden Mittwoch unseren Stattblatt-Beitrag hier auf unserer Homepage als auch über Facebook und Twitter.
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