Stadtblatt-Beitrag von Dorothea Kaufmann – Ausgabe vom 22.07.2020 //
Endlich wieder Kultur live und in Farbe! Die letzten Wochen habe ich mich jedes Mal ganz besonders gefreut, wenn ich wieder meinen Durst nach Schönem in der echten Welt stillen konnte. Sei es beim Kunstsonntag quer durch die Galerien, der Vernissage im Heidelberger Kunstverein, beim „Warm-Up“ zum Metropolink-Festival in den breidenbach studios oder auf dem Airfield bei meinem 14. art ort. All das konnte ich nur genießen, weil die Stadt Heidelberg die genannten Institutionen finanziell unterstützt. Sollten diese Zuwendungen gekürzt werden, kämen viele dieser Kulturschaffenden in existenzielle Bedrängnis.
Auf den ersten Blick mag in der Corona-Krise Kultur nicht überlebensnotwendig zu sein. Im Gegensatz zu Toilettenpapier fanden keine Hamsterkäufe von Konzertgutscheinen statt. Streaming ist der neue Theaterabend und ins Museum kann man auch online gehen. Wozu also weiter Geld für etwas ausgeben, was sowieso „nur Luxus“ ist? Ganz einfach: Kultur kann und darf kein Luxus sein und es ist wichtig, dass Kulturorte auch weiterhin für alle erlebbar sind, ganz egal, ob man sich lieber mit Street Art oder Oper beschäftigt. Auch die Diskussion, was denn nun als „Kultur“ definiert ist, ob diese zwangsläufig nur tagsüber stattfindet, wo „Hochkultur“ beginnt und warum nur diese eine besondere Förderung verdienen soll, erschließt sich mir nicht. Menschen sind vielfältig, das gilt auch für ihre Interessen und Vorlieben. Heidelberg ist mehr als das Schloss und die Flusskreuzfahrer*innen, wir haben eine moderne, quirlige Szene, die mit ungewöhnlichen Formaten an außergewöhnlichen Orten ebenso auf das Bild von Heidelberg in der Welt einzahlt wie unsere bekannten Sehenswürdigkeiten.
„Ich liebe ernsthafte Schwierigkeiten. Sie sind das Einzige, was das Leben lustig macht.“, so bemerkt Algernon Moncrieff in einem meiner liebsten Theaterstücke, „Bunbury“ von Oscar Wilde. Hierfür habe ich mir natürlich direkt beim Vorverkaufsstart Karten für die Aufführung am Heidelberger Theater gesichert. Das Theater ist es auch, das in einer großzügigen Geste rund eine Million Euro aus eigenen Rücklagen für die Unterstützung von Kultureinrichtungen zur Verfügung stellen will. Übrigens ohne eine dedizierte Beschränkung auf bestimmte Formate – hier wurde bereits erkannt, dass die Kulturschaffenden zusammenhalten müssen. Die grüne Fraktion wird sich dafür einsetzen, dass diesem Wunsch entsprochen wird und wir weiterhin die volle Bandbreite an Kunst und Kultur in Heidelberg gemeinsam genießen können. Denn das Schlimmste ist nicht, wenn wegen der Corona-Auflagen nur wenige Menschen an Kulturveranstaltungen teilnehmen können, sondern wenn wir da sind, aber die Kultur weg ist.
Bildquelle: privat, P. Baumgärtner, Theater Heidelberg
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