Stadtblatt-Beitrag von Marilena Geugjes – Ausgabe vom 27.11.2019//
Vieles hat sich verbessert für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle und queere (kurz: LSBTTIQ) Menschen in den vergangenen Jahren. Weite Teile unserer Gesellschaft haben sich ein wenig geöffnet, sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ist ein bisschen normaler geworden, Heteronormen werden zunehmend hinterfragt. Auch die rechtliche Gleichstellung von Mitgliedern der LSBTTIQ-Community ist vorangekommen; gleichgeschlechtliche Paare beispielsweise dürfen seit 2017 heiraten.
In Heidelberg ist das Amt für Chancengleichheit extrem aktiv darin, Projekte und Maßnahmen zur Sichtbarmachung und Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt durchzuführen. Im September hat der Haupt- und Finanzausschuss (fast einstimmig) beschlossen, die Psychologische Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar (PLUS) mit fast 60.000 Euro zu unterstützen, um 2020 eine Präventions- und Beratungsstelle in Heidelberg einrichten zu können.
Pink Monday am 2.12.
Und auch wenn die Heidelberger LSBTTIQ-Feierszene nicht ganz mit der Mannheimer mithalten können mag, so sind wir doch stolz auf das Queer Festival und queere Partyformate in der halle02, im Karlstorbahnhof und in der Villa Nachttanz. Ein weiteres großartiges Beispiel dafür, dass die LSBTTIQ-Community in Heidelberg aktiv, kreativ und in der Mitte der Stadtgesellschaft akzeptiert ist, ist der alljährliche „Pink Monday“ auf dem Heidelberger Weihnachtsmarkt, der dieses Jahr am 2. Dezember stattfinden und dessen Erlös der Deutschen Aidshilfe zugutekommen wird.
Aber trotzdem erfahren Mitglieder der Community noch immer und immer wieder Diskriminierung und Gewalt. Auch in Heidelberg, egal wie offen, international und jung diese Stadt sein mag, findet Diskriminierung gegen queere Menschen statt. Das zeigen die Ergebnisse der Umfrage „Sicher Out?“ von PLUS, dem Heidelberger Amt für Chancengleichheit und dem Fachbereich Demokratie und Strategie der Stadt Mannheim. Über 400 Menschen aus Mannheim, Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis hatten sich 2018 an der Umfrage beteiligt und berichteten von Beleidigungen bei öffentlichen Gesten gleichgeschlechtlicher Zuneigung wie Händchenhalten oder Küssen. Andere schilderten, dass sie Bedrohungen und Gewalt erfahren haben, weil sie nicht vorgegebenen Geschlechterbildern entsprächen. Ein Problem stellt auch die strafrechtliche Verfolgung solcher Übergriffe dar: Teilweise werden sie von Sicherheitsbeamt*innen noch nicht ernst genug genommen und darum erst gar nicht gemeldet. Wer aber vorurteilsgeleitete Hassverbrechen bekämpfen will, muss Polizist*innen, Staatsanwält*innen und Richter*innen für die Motive und Formen von Hasskriminalität und für den Umgang mit den Opfern sensibilisieren.
Mitgliedschaft im Rainbow-Cities-Netzwerk
Vor diesem Hintergrund ist es sehr zu begrüßen, dass der Gemeinderat dieses Jahr (fast einstimmig) entschieden hat, dass sich Heidelberg um die Aufnahme in das „Rainbow Cities“-Netzwerk bewerben wird. Dieser internationale Zusammenschluss besteht aus Städten wie Amsterdam, Barcelona, Paris und São Paulo, die sich gegenseitig dabei unterstützen, eine proaktive städtische Diversitätspolitik zu entwickeln, die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt als Selbstverständlichkeit betrachtet.
Auch wenn sich schon vieles verbessert hat, haben wir noch einen weiten Weg zu gehen, bis aus Andersartigkeit Normalität und bis Pluralität zum gesellschaftlichen Standard geworden ist. Denn solange Menschen, die nicht der Hetero-Norm entsprechen, nicht angstfrei leben können, haben wir unseren Job noch nicht richtig gemacht – weder als Politiker*innen, noch als Gesellschaft insgesamt. Wie weit dieser Weg noch ist, zeigt nicht zuletzt die Anwesenheit von zwei AfD-Räten im Heidelberger Gemeinderat, die gegen alle Inhalte stimmen, die sich an die LSBTTIQ-Community richten. Wir kämpfen also weiter für eine vielfältige, tolerante und offene Stadt – bis aus dem „fast einstimmig“ endlich ein „einstimmig“ wird.
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