In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 22. November, stand der Haushaltsplanentwurf 2019/20 der Stadtverwaltung im Fokus. Grünen Stadtrat Felix Grädler nahm Stellung zum Haushaltsentwurf und erläuterte im Namen der Fraktion die grünen Änderungsanträge.
Hier finden Sie die komplette Rede im Wortlaut. Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Bürgermeister Heiß, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger,
die Verabschiedung des Haushalts ist die größte Herausforderung und eine der wichtigsten Aufgaben des Gemeinderats. Der Haushalt einer Stadt wird daher auch als die Königsdisziplin der Kommunalpolitik bezeichnet. Dieser Verantwortung sind wir uns als grüne Gemeinderatsfraktion sehr bewusst.
Ich freue mich, dass ich für meine Fraktion den Haushalt verantworten darf und bedanke mich bei Ihnen, meinen Fraktionskolleg*innen, unseren Mitarbeiter*innen und vor allem Peter Holschuh für das Vertrauen und die Geduld.
Herzlichen Dank auch an die Verwaltung für die übersichtliche Aufarbeitung und die zahlreichen Informationen. Jedoch will ich an dieser Stelle erneut darauf hinweisen, dass wir uns wünschen würden, den Haushalt wesentlich früher vorgelegt zu bekommen, da der Arbeitsumfang in so kurzer Zeit ehrenamtlich kaum zu leisten ist.
Letztlich geht es bei der Aufstellung des Haushalts darum, das Geld und die Ressourcen, die wir zur Verfügung haben, zielgerichtet für unsere Stadt und zum Wohl aller Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Wir entscheiden hier im Gemeinderat als demokratisch gewählte Vertreter*innen der Bürger*innen in Heidelberg nach bestem Wissen und Gewissen über Dinge, die die Menschen in dieser Stadt unmittelbar und je nach Sachlage langfristig betreffen.
Im Haushalt werden die Leitplanken der Lokalpolitik für die kommenden zwei Jahre festgelegt: Was ist uns besonders wichtig? Wofür wollen wir Geld ausgeben? Wie soll sich Heidelberg entwickeln? Dabei dürfen wir nicht nur die kurzfristige Entwicklung dieser Stadt im Blick behalten, sondern müssen immer auch die langfristigen und nachhaltigen sowie finanziellen Auswirkungen im Auge behalten. Wir zehn Stadträt*innen von der grünen Gemeinderatsfraktion haben daher in den letzten Wochen und Tagen intensiv die rund 350 Seiten des Haushaltsplanentwurfs der Stadtverwaltung bearbeitet, zahlreiche Gespräche mit Bürger*innen, Unternehmen, Vereinen, Initiativen und Institutionen geführt, viel beraten, diskutiert und Kritik sowie Lob erhalten.
Ich bin in der glücklichen Lage, an einem Doppelhaushalt mitzuwirken in einer Zeit, in der es uns mehr als gut geht. Die Einnahmen florieren, die Stadt wächst – die Einwohnerzahl beträgt erstmals über 160.000. Gerade bei jungen Menschen hat unsere Stadt eine hohe Anziehungskraft: Heidelberg ist die jüngste Stadt Deutschlands! Die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger ist so gut wie nie – Heidelberg hat laut aktueller Deutschland-Studie die zweithöchste Lebensqualität bundesweit. In Heidelberg lebt es sich hervorragend, man könnte fast meinen es gäbe kaum Probleme und wenige Herausforderungen. Auf jeden Fall kann man sagen: die Voraussetzungen scheinen so gut wie nie!
Dennoch haben wir 82 Änderungsanträge eingebracht, von denen wir denken, dass sie diese Stadt besser machen. Denn gerade aus diesen so guten Bedingungen erwächst auch die große Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Lebensumstände der kommenden Generationen genauso gut sind oder dass sie nach Möglichkeit sogar verbessert werden. Im Fokus stehen dabei zentrale kommunalpolitische Themen wie:
- Bezahlbarer Wohnraum und ökologisches Bauen
- nachhaltige Stadtentwicklung
- zukunftsfähige und ökologische Mobilität
- Digitalisierung
- nachhaltige Wirtschaft
- Bildung und Kinderbetreuung
- Soziales
- Kultur- und Freizeitangebote für alle
Ich will im Folgenden einige unsere Änderungsanträge erläutern und bezogen auf unsere Schwerpunkte im Haushalt bewerten. Hier deshalb kurz und knapp unsere wichtigsten Punkte.
1) Bezahlbaren Wohnraum schaffen und nachhaltige Stadtentwicklung gestalten
Es ist uns wichtig, dass das Wohnen in unserer Stadt für alle Menschen bezahlbar wird. Daher haben wir als Leitantrag eine aktive Bodenpolitik und die Einführung eines Vergabesystems auf Erbpachtbasis formuliert. Die Stadtverwaltung soll demnach ein Konzept für eine aktive Liegenschaftspolitik im Bereich Wohnungsbau erarbeiten und dabei die Vergabe im Erbbaurecht anwenden. Damit soll eine langfristige Sicherung für soziale Nutzungen erfolgen und die Bewahrung zukünftiger planerischer Gestaltungsspielräume erhalten werden – so kann dauerhaft die soziale Stabilität von Stadtvierteln gesichert werden. Auch wollen wir die Erweiterung des ‚Mietpreiskonzepts Hospital‘ auf den gesamten Wohnungsbestand der GGH – also Mietpreise von maximal 30 Prozent des Nettolohns.
Des Weiteren regen wir die Schaffung einer verantwortlichen Stelle (Stabstelle) für Wohnen an. Ein*e feste*r Ansprechpartner*in soll bei der Stadt das Thema Wohnen in der Stadtverwaltung noch fester verankern und die Bemühungen der Stadt, der GGH und privater Anbieter verzahnen und somit alle Unternehmungen im Bereich Wohnungsbau und Wohnungsentwicklung in Heidelberg (privater und öffentlicher Markt sowie GGH) steuern und koordinieren. Diese Stelle soll ebenfalls öffentlicher Ansprechpartner für Menschen in Heidelberg sein, die auf der Suche nach einer Immobilie zur Miete oder zum Kauf sind und entsprechende Informationen bereitstellen, unterstützen und beraten. Sollten weitere Mittel und Werkzeuge nötig sein, dann müssen wir auch diese anpacken.
Zudem stehen wir für eine grüne und nachhaltige Stadtentwicklung bei der Umsetzung des zentralen Themas “Konversion”. Jede städtebauliche Entwicklung bietet die Chance, Wohnraum so zu gestalten, dass hohe ökologische Kriterien umgesetzt werden können. Hier müssen wir auch neue Möglichkeiten in Betracht ziehen, die sich aufgrund neuer Materialien, neuer Mobilitätskonzepte und neuer Energiekonzepte ergeben. Deshalb forcieren wir die Weiterentwicklung des Passivhausstandards hin zu CO2-bilanzierten Standards als “Heidelberger Energiekonzept”: nachhaltig und innovativ bauen. Nach dem Passivhausstandard gilt es, den nächsten Schritt zu machen, nämlich den Ressourcenverbrauch der Baumaterialien (graue Energie) zu reduzieren, mit Fassadenbegrünung Hitzestress abzuschwächen, mit digitalen Steuerungen den Strom- und Heizungsverbrauch zu verringern, Photovoltaik und solarthermische Anlagen zu optimieren und durch innovative Wohnformen den Flächenverbrauch einzudämmen u.v.m.
Ein Standard, der hierfür in Heidelberg entwickelt wird, kann später als Vorbild für andere Städte dienen und die Vorreiterstellung Heidelbergs unter Beweis stellen. Zudem stellen wir Geld bereit für die Schaffung einer halben Stelle zur Unterstützung der Planungen und Beratungen zur Barrierefreiheit.
Unser Ziel ist es für alle Bürger*innen in dieser Stadt bezahlbaren, ökologischen und barrierefreien Wohnraum zu schaffen!
2) Digitalisierung voranbringen
Die Digitalisierung ist die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Die Digitalisierung wird Auswirkungen auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens, der Arbeitswelt sowie im privaten Sektor haben. Auch die Städte als „politischer Verbund“ sind durch die Digitalisierung vor neue Herausforderungen gestellt.
Ein entscheidender Aspekt zur Gestaltung der Digitalisierung ist, wie deren Herausforderungen angegangen werden. Daher fordern wir Grüne eine umfassende Digitalstrategie für die gesamte Stadt, die wir mit unseren Bürger*innen und Partner*innen aus Wirtschaft und Wissenschaft umsetzen können. Wir müssen ein Leitbild zur Digitalisierung gemeinsam mit der Bevölkerung entwickeln und diskutieren, wo wir hinwollen, wie wir das erreichen können und wie wir sicherstellen, dass dabei keine*r auf der Strecke bleibt. Dafür stellen wir 120.000 Euro bereit.
Uns Grünen ist ein wenig schleierhaft, wo sich der Betrag von 7 Mio. Euro, den der Oberbürgermeister angeblich investieren will, versteckt. Daher beantragen wir Grüne weitere Mittel, um eines der dringlichsten Probleme der Digitalisierung anzugehen: die Gestaltung der digitalen Bildung.
Es ist unerlässlich, dass Schulen mit Breitband und schnellem Internet sowie geeigneter und zeitgemäßer Hardware ausgestattet werden. Wir wollen das Konzept wie von der Stadtverwaltung vorgeschlagen – aber leider nicht mit finanziellen Mitteln im Haushalt hinterlegt – umsetzen. Das heißt konkret: schnellerer Anschluss aller öffentlicher Schulen an das Glasfasernetz bis 2020, interne Verkabelung mit WLAN in den Klassenräumen und Ausstattung mit Präsentationsmedien und Endgeräten!
Den Schüler*innen und ihren Eltern ist es letztlich egal, ob nun Land oder Stadt dafür verantwortlich sind, dass die Lehrer*innen die Präsentationsmedien und die Schüler*innen die Endgeräte einzusetzen wissen. Deshalb wollen wir als Modellprojekt Medienberater*innen in die Schulen bringen, die hier schnell und unkompliziert helfen können und die technische Beratung und Schulung der Lehrer*innen im pädagogisch sinnvollen Einsatz von Medien vornehmen. Wir wollen die Mittel für die Umsetzung des Konzeptes “Digitalisierung an Schulen” verdoppeln und außerdem 700.000 Euro für den Einsatz von Medienberater*innen zur Verfügung stellen.
Wir wollen und müssen die Stadtverwaltung digitaler und damit zukunftsfähig machen und unterstützen das gerne. Dazu stellen wir zusätzlich 140.000 Euro bereit, sowie 40.000 Euro für den Ausbau der digitalen Bürgerbeteiligung. Wir wünschen dem neuen Amt für Digitalisierung viel Erfolg bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben. Es ist eine große Herausforderung hier alle Bürger*innen, aber auch die Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung mitzunehmen. Wir wünschen uns eine Offenheit aller Mitarbeiter*innen bei diesem Thema.
In die Bildung fließen mit ca. 40 Mio. Euro wieder die höchsten Investitionssummen, was wir ausdrücklich begrüßen. Auch wir wissen, dass diese Summe immer noch nicht ausreicht und einige Maßnahmen verschoben werden müssen.
3) Rad- und Fußverkehr verbessern
Beim Megathema Mobilität lautet unsere Antwort auf Beton: neue Mobilitätsformen, Digitalität und Multimodalität, Ausbau des Radverkehrs sowie Stärkung der Fußgänger-Infrastruktur.
Wir fordern den Ausbau des Radverkehrsnetzes, beispielsweise eine schnelle Realisierung der Radbrücke über den Neckar, mehr Fahrradstraßen, die schnelle Umsetzung des Lückenschlussprogramms, mehr Abstellanlagen und ein Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof. Für die Verbesserung der Infrastruktur des Radverkehrs wollen wir entsprechende Mittel bereitstellen.
Auch der Fußverkehr muss in Heidelberg eine höhere Priorität bekommen. Wir brauchen kurze und sichere Wege für alle, die zu Fuß unterwegs sind. Gute Fußwege haben einen hohen innerstädtischen Stellenwert und tragen zur Lebens- und Aufenthaltsqualität bei. Gehwege müssen daher frei von Hindernissen und gut begehbar sein, auch für mobilitätseingeschränkte Menschen.
Konkret heißt das: 300.000 Euro für die Verbesserung der Fußgänger-Infrastruktur und zusätzliche 900.000 Euro für die Verbesserung des Radverkehrs.
Wir wollen das Thema Parken endlich “smart” gestalten und fordern hierfür ein innovatives digitales Konzept, das gleichzeitig das Anwohnerparken neu regelt. Außerdem fordern wir den Ausbau der E-Mobilität sowie eine schnellere Umsetzung der geplanten Maßnahmen, aber auch eine Erhöhung der Parkgebühren in der Innenstadt. Dadurch wird die Innenstadt entlastet und mit den Einnahmen können Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur durchgeführt werden.
Die Straßenbahn ins PHV muss umgesetzt werden und erneut werden wir das kostenlose Erstsemesterticket beantragen. Während für den Autoverkehr jährlich immer noch weit über 34 Mio. Euro aufgebracht werden, investieren wir in den ÖPNV nur 30 Mio. Wir wollen das Verhältnis umkehren!
Und bevor wir auch wieder im Neuenheimer Feld in Beton investieren sollten vorher alle anderen “weichen” Maßnahmen wie Carpooling, intelligente Ampelschaltungen, bessere Taktungen im ÖPNV, mehr Anreize für Mitarbeiter*innen auf den ÖPNV oder das Fahrrad umzusteigen, Ausbau von P+R Angeboten u.a. umgesetzt werden. Diese Maßnahmen wären wesentlich schneller wirksam und umsetzbar.
4) Kinderbetreuung ausbauen
Ein zentrales Thema für uns ist nach wie vor die Kinderbetreuung! Zwar haben wir auf dem Papier und im Vergleich mit anderen Kommunen bei der Kinderbetreuung gute Kennzahlen, die Realität sieht jedoch leider oft anders aus.
Wer die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und ernsthaft erreichen möchte, dass Mütter und Väter ihrem Beruf nachgehen können, muss als Ziel haben, einen Betreuungsplatz für jedes Kind im eigenen Stadtteil zur Verfügung stellen zu können. Und zwar auch für die unter Dreijährigen. Die Kosten für die Betreuungsplätze müssen fair und das Vergabesystem einfach und transparent sein.
Wenn über 2/3 der Plätze von privaten Anbietern oder von Kirchen angeboten werden, muss das nicht unbedingt schlecht sein, aber wenn wir hier finanziell unterstützen, kann der Steuerzahler zu Recht erwarten, dass die Bedingungen stimmen und die Preise im Rahmen bleiben.
Eine Betreuungsquote von mehr als 100 Prozent ist notwendig, um die vom Oberbürgermeister zitierte Betreuung im Quartier zu realisieren. Dabei ist ein Ausbau von mindestens 270 Plätzen notwendig, um mit dem Wachstum der Stadt mitzuhalten. Deshalb fordern wir einen Ausbau der städtischen U3-Betreuungsplätze innerhalb der nächsten fünf Jahre von 11% auf mindestens 25% der Plätze und einen Versorgungsgrad von 60% bei U3 und 110% bei 3 – 6jährigen. Weiterhin fordern wir die Durchsetzung der städtischen Entgeltsysteme bei allen Teilnehmern in der örtlichen Vereinbarung sowie die Überarbeitung des Vergabesystems für alle Träger, die finanziell von der Stadt Heidelberg unterstützt werden.
Auch ein kompliziertes und nicht gerade transparentes Vergabesystem und immer noch zu wenige Betreuungsplätze in den Stadtteilen zeigen, dass hier noch Verbesserungsbedarf besteht.
5) Kultur- und Kreativwirtschaft fördern
Die vielfältige Kultur unserer Stadt wollen wir natürlich weiter fördern. Uns ist es wichtig, dass Kultur für alle Altersgruppen und Interessen in der Stadt mit hoher Qualität angeboten werden kann, aber auch, dass niedrigschwellige Angebote geschaffen werden.
Ein wichtiges Thema für uns ist die Kreativwirtschaft. Nicht nur die konkrete Unterstützung der Betriebe der Kreativwirtschaft, sondern auch bessere Rahmenbedingungen für sie sind uns ein wichtiges Anliegen. Die Kreativwirtschaft ist in der Stadt Heidelberg leider noch sehr unterrepräsentiert. Es ist unverständlich, wieso hier noch weiter gekürzt wird. Wir haben daher Änderungsanträge gestellt, um Förderprogramme zu stärken und wir wollen Gelder für eine externe Zwischennutzungsagentur bereitstellen, die in Zukunft Unternehmen und Initiativen beraten soll, um leerstehende Gebäude in Heidelberg kreativ und innovativ zu nutzen. Letztlich ein wichtiges Element der Stadtentwicklung, das in anderen Städten schon lange genutzt wird.
Gerade für junge Leute fehlen hier Orte, an denen sie experimentieren, sich ausprobieren können im realen Leben, Orte der Kultur, im öffentlichen Raum, aber z.B. auch in der Clubkultur. Das Stadtbild wird aufgewertet, attraktive Angebote geschaffen und Start-ups wird ein Einstieg ermöglicht.
Es ist mir unerklärlich, wieso sich die Verwaltung seit Jahren so gegen eine Zwischennutzung von Leerständen stemmt, die hier so viel verändern könnten. Gerade in der Stadt mit den jüngsten Einwohnern in Deutschland ist dies schwierig zu verstehen. Es ist auch schwierig zu verstehen, wieso der Fokus der städtischen Bemühungen und des Haushalts oft an dieser Zielgruppe vorbeigeht. Dies ist unter anderem meine persönliche Motivation, mich für diese Generation politisch zu engagieren und ich würde mich freuen, wenn die Stadt mehr Mut zeigt, für diese Zielgruppen mitzudenken. Das Zauberwort heißt hier “Ermöglichungskultur”.
Deshalb wollen wir uns auch verstärkt für junge Menschen einsetzen. Wir freuen uns über die Sanierung des Haus der Jugend, wollen Beteiligungsformate für junge Menschen weiter ausbauen, entsprechende Stellen und technischen Möglichkeiten daher fördern. Auch im kulturellen Bereich muss diese Zielgruppe stärker bedacht werden, für Kinderbetreuung und für Bildung haben wir Änderungsanträge formuliert.
6) Soziale Bereiche und Teilhabe stärken
Im Bereich Soziales wollen wir sinnvoll investieren, um das Leben miteinander in unserer Stadt fairer zu gestalten, Teilhabe voranzubringen und präventiv auf die Veränderungen unserer Zeit zu reagieren. Daher haben wir u.a. Mittel bereitgestellt für die Weiterentwicklung präventiver Maßnahmen in der Schuldnerberatung, Personalerhöhung für das Heidelberger Selbsthilfebüro und Ausbau der Kinder- und Jugendbeteiligung. Wir wollen das Concierge-Programm auf dem Emmertsgrund erweitern und das Thema Inklusion am Arbeitsplatz voranbringen.
Das Thema Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement wollen wir stärken, indem wir Bemühungen um weitere Bürgerzentren unterstützen, aber auch die Stadtteilvereine finanziell stärker ausstatten. Auch werden wir die Bedürfnisse der Feuerwehr Altstadt unterstützen. Sie alle leisten vor Ort in den Stadtteilen eine unverzichtbare Arbeit. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an alle ehrenamtlichen Aktiven unserer Stadt.
7) Umwelt schützen und Wirtschaft nachhaltig gestalten
Der Klimawandel und ein kluger Umgang mit Ressourcen sollten stärker in unserem Fokus stehen. Nachhaltiger sollten auch die Anstrengungen im Bereich Wirtschaft sein. So verstehe ich nicht, wieso wir noch keine Gemeinwohlbilanz in Heidelberg für unsere eigenen Unternehmen eingeführt haben. Eine solche Bilanz weist den Mehrwert eines Unternehmens für die Bürger*innen aus. Bei viel Kritik will ich natürlich auch ausdrücklich loben, dass unser Oberbürgermeister national und international als grüner Botschafter unterwegs ist. Das Thema Umwelt ist präsent und wir freuen uns auf die Klimakonferenz in Heidelberg im Mai 2019. Gerne unterstützen wir auch hier durch weitere Anträge und eine finanzielle Ausstattung im Haushalt, damit es nicht bei kraftlosen Bekenntnissen bleibt, sondern unsere Klimaziele auch wirklich realisiert werden können!
Ich möchte zuletzt einige Projekte nicht unerwähnt lassen, die uns ebenfalls am Herzen liegen. Wir möchten das Konzept des Gesamtpersonalrates unterstützen die Stadt Heidelberg als sozialen Arbeitgeber weiterzuentwickeln, ein Transparenzportal für alle öffentlichen Daten einführen und haben Geld für Trinkwasserbrunnen im Stadtgebiet beantragt. Außerdem wollen wir die Planungen beim Thema Digitalisierung der Waldparkschule unterstützen, die Forderungen der Anwohner im Wieblinger Weg begleiten und die Umsetzung der Ergebnisse des Sicherheitsaudits sicherstellen.
Lassen Sie mich noch einige grundsätzliche Dinge zum Haushalt sagen: Es ist erfreulich, dass wir für beide Jahre zu einem positiven Ergebnis von über 6 Mio. Euro kommen. Die Erfahrung, dass wir einen eher konservativ planenden Kämmerer haben, lässt hier ja sogar noch deutlich bessere Ergebnisse erhoffen. Man sollte aber nicht unerwähnt lassen, dass die Strategie Projekte immer zu verschieben auch dazu führt, dass die Perspektiven auf die mittelfristige Finanzplanung ganz schön düster aussehen. Hier sollten meiner Meinung nach die Planungen realistischer angepasst werden. Wir sollten eine weitere Reduzierung der Neuverschuldung und eine gesamte Begrenzung der Verschuldung auf 250 Mio. Euro beschließen.
Sie, Herr Oberbürgermeister zeigen leider keinen Weg auf, wie wir mittel- und langfristig die Verschuldung abbauen können. Zwar steigt das Vermögen der Stadt kontinuierlich an und die Abschreibungen werden erwirtschaftet, aber unter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit müssen wir auch hier aktiv an Lösungen arbeiten. Unsere Änderungsanträge sind nicht nur inhaltlich sinnvoll, sondern bieten auch ein Einsparpotential in Höhe von über 3 Mio. Euro.
Herr Oberbürgermeister, Sie konzentrieren sich nach wie vor darauf, wichtige Aufgaben der Stadt auf “private” Tochterunternehmen auszulagern. Für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum schreiben Sie die zentrale Rolle der GGH zu. Das kann zwar in Teilen sehr effektive, schnelle Ergebnisse erzielen, jedoch ist es wichtig, auch langfristig den Einfluss der Stadt zu bewahren. Denn ob beim Wohnungsbau, der Kinderbetreuung, dem Kindergarten-Essen oder dem ÖPNV, es darf nicht passieren, dass wir die Leistungen nicht mehr verantwortlich kontrollieren können. Das aktuelle Beispiel der Linie 32, die einfach ohne Konsequenzen eingestellt wird, zeigt wozu das führen kann – letztlich zu Lasten der Bürger*Innen, für die wir als gewählte Vertreter*innen eigentlich die Kontrolle ausüben sollen.
Ich wünsche mir mehr mutige Visionen und eine gemeinsame Offenheit für eine positive Zukunft unserer schönen Stadt Heidelberg! Wie oft höre ich ein Stöhnen, wenn neue Ideen eingebracht werden, durch die ein Vorgang vermeintlich länger dauern könnte. Nicht nur der Blick und die Öffnung in die Metropolregion Rhein-Neckar, sondern auch der intensive Austausch mit unseren Partnerstädten sollte uns helfen, auch viele externe Best-practice-Beispiele zu finden, die unsere Stadt weiterbringen.
Ich bin gespannt auf die Anträge der anderen Fraktionen zum Haushalt. Wir haben auf Grund der stabilen wirtschaftlichen Lage auf ein Ausreizen der globalen Minderausgabe verzichtet. Jedoch erhoffen wir uns in Zukunft höhere Einnahmen aus Fördermitteln, schlagen eine moderate Erhöhung der Parkgebühren vor, ebenso eine Erhöhung der Zweitwohnungssteuer.
Wir sind bereit, mit den anderen Fraktionen und Gruppierungen gute Lösungen im Sinne unserer Bürger*innen und Bürger zu finden. Wir freuen uns auf konstruktive Gespräche und eine erfolgreiche und faire Zusammenarbeit.
Vielen Dank an alle Anwesenden für die Aufmerksamkeit. Vielleicht können beim nächsten Doppelhaushalt noch mehr Menschen als die hier Anwesenden die Haushaltsreden mitverfolgen und zwar per Livestream im Internet – für eine Vorreiterstadt in Sachen Digitalisierung ja eigentlich ein Standard.
Heidelberg, 22.11.2018
Felix Grädler, Stadtrat Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Es gilt das gesprochene Wort
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Hier geht’s zum Überblick über den aktuellen Haushaltsplanentwurf 2019/20 der Stadtverwaltung!
Den Zeitplan und weitere Infos zum Doppelhaushalt 2019/2020 finden gibt’s hier!
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