Stadtblatt-Beitrag von Dr. Luitgard Nipp-Stolzenburg – Ausgabe vom 11.09.2018
Auf Einladung der Grünen Gemeinderatsfraktion kamen am 6. September etwa 50 Besucher erst zu einer spannenden Führung mit Frau Dr. Pavaloi und Herrn Bitsch ins Völkerkundemuseum und anschließend zu einer Informationsveranstaltung ins HCA. Dort sprach Prof. Dr. Frank Engehausen von der Uni Heidelberg über die Entstehung der Portheim-Stiftung und deren schwierige Geschichte. Danach hielt Prof. Dr. Klaus Schneider, Direktor des Rautenstrauch Joest Museums in Köln, ein leidenschaftliches Plädoyer zum Wert der ethnografischen Sammlung des Heidelberger Museums und zur Notwendigkeit einer soliden Ausstattung.
Prof. Engehausen hatte schon 2008 ein Buch veröffentlicht über die Josefine und Eduard von Portheim-Stiftung für Wissenschaft und Kunst, die 1919 vom Ehepaar Goldschmidt gegründet wurde. Er berichtete, wie Victor Goldschmidt Institute gegründet und Sammlungen aufgebaut und wie er sie mit Kapital – vor allem Immobilien – ausgestattet hatte. Er berichtete auch, wie Immobilien und Teile der Sammlungen verkauft wurden oder einfach verschwanden – vor allem unter den Nationalsozialisten. Prof. Schneider schilderte, wie in seinem Museum der gesamte Bestand von ca. 64 000 Exponaten digitalisiert wurde, drei Jahre waren fünf bis acht Mitarbeiter*innen damit beschäftigt. Mehrfach wies er darauf hin, dass die Sammlung des Heidelberger Völkerkundemuseums dringend digitalisiert werden müsse. Es sei unfassbar, wie für Ausstellungen und Ausleihen nach Exponaten gesucht werden muss.
Er hat auch keinerlei Verständnis dafür, dass ein Museum mit einer so wertvollen Sammlung wegen Personalmangels derart eingeschränkte Öffnungszeiten hat und im Sommer sechs Wochen ganz schließen muss. Als Schneider erzählte, dass dem Kölner Museum kürzlich ein Enkel des Stifters Rautenstrauch eine Million Euro spendete, kam im Publikum sicherlich der Wunsch auf, dass sich auch in Heidelberg ein*e großzügige*r Unterstützer*in finden möge. Ministerin Theresia Bauer, die die Veranstaltung im Publikum verfolgt hatte, kann sich die eine oder andere finanzielle Unterstützung aus unterschiedlichen Quellen vorstellen. Aber das erste Signal müsse von der Stadt kommen.
Ich bin schon lange der Meinung, dass das Völkerkundemuseum in Heidelberg unterschätzt und zu wenig unterstützt wird. Die Heidelberger könnten sich hier einen Schatz erschließen. Und sie haben eine historische Verantwortung gegenüber dem jüdischen Ehepaar Goldschmidt, das diesen Schatz gestiftet hat.
Comments are closed.