PRESSEMITTEILUNG VOM 10.11.2017 – GRÜNE GEMEINDERATSFRAKTION
FAQ: Darum brauchen wir die Übernachtungssteuer
Heidelberg gehört zu den beliebtesten Tourismuszielen in ganz Deutschland. Das ist gut und soll so bleiben, denn der Tourismus ist ein starker Wirtschaftsfaktor in Heidelberg. 1,3 Millionen Übernachtungen pro Jahr bedeuten gleichzeitig eine Herausforderung für kommunale Infrastrukturen wie Straßenbahnen, Parkplätze oder Ordnungsdienste. Auch Touristenmagnete wie der Heidelberger Frühling, das Theater, das Museum und die Bergbahn werden von der Stadt finanziert. Diese Leistungen müssen an die erfreulich hohe Zahl von Besuchern angepasst werden und kosten die Stadt Geld. Diese Kosten werden bislang vorrangig durch die Steuern der Heidelbergerinnen und Heidelberger finanziert. Die Übernachtungssteuer hat den Vorteil, dass die Kosten gerechter auf mehr Schultern verteilt werden. Besucherinnen und Besucher werden mit einem kleinen Beitrag zur Finanzierung dieser Mehrausgaben herangezogen. Wir glauben, dass ein Beitrag von 5 Prozent auf Übernachtungen zu diesen Kosten angemessen und verhältnismäßig ist. Die Erfahrung der anderen Städte, in denen ein Steuer eingeführt wurde, zeigt: In keiner Stadt mit Übernachtungssteuer die Übernachtungszahlen zurückgegangen. Wir gehen darum fest davon aus, dass die Steuer den Tourismusstandort Heidelberg nicht schwächt und niemanden davon abhält, unsere schöne Stadt zu besuchen. Die Einführung der Übernachtungssteuer führt zu Mehreinnahmen von jährlich um 1,2 Millionen Euro. Das ist ohne Zweifel ein starkes Argument in einer Stadt, deren mittelfristige Schuldentwicklung selbst dem Regierungspräsidium Sorgen macht. Heidelberg entwickelt gerade mehrere Großprojekte, die viel Geld kosten (Kongresszentrum, Großsporthalle, Konversionsflächen, Karlstorbahnhof, Sanierung von Schulen etc.) Wenn keine neuen Einnahmen generiert werden, sind massive Einsparungen die Folge oder Großprojekte können nicht wie gewünscht umgesetzt werden.
Der Gemeinderat hat am 21. Juli 2016 die Gründung eines Arbeitskreises, der kurzfristig Alternativen zur Übernachtungssteuer ermitteln soll, beschlossen. Ziel des Arbeitskreises sollte sein, die Touristen, insbesondere die Tagestouristen, die Heidelberg besuchen, an den Kosten der Stadt für die infrastrukturellen Aufwendungen mit einem Betrag von mindestens 1,2 Millionen Euro zu beteiligen, ohne dass dies erhöhte Verwaltungsaufwendungen hervorruft. Sollte dieses Ziel bis zum 30.06.2017 nicht erreicht werden, dann tritt die Übernachtungsteuer am 01.01.2018 in Kraft.
Statt der avisierten 1,2 Mio. Euro im Jahr 2018, die im Haushalt fest eingeplant sind, werden lediglich Einnahmen von 300.000 Euro erzielt. Es ist zwar zu begrüßen, dass die Hoteliers in kurzer Zeit 300.000 Euro zur Verfügung stellen können. Doch wo die noch fehlenden 900.000 Euro im Jahr 2018 herkommen sollen, bleibt offen und ist aufgrund der derzeitigen Haushaltslage nicht hinnehmbar. Wer diesen Vorschlag nun abnickt, soll bitte dazusagen, wie die Deckung im Haushalt (Mindereinnahmen in Höhe von 900.000 Euro) hergestellt werden kann.
Die schon lange geplante Erhöhung des Kombitickets 2019 wird allein dem Land als Schlosseigner und der HSB gutgeschrieben. Der Anteil der HSB dient im Stadthaushalt zur Reduzierung des Defizits der Stadttochter und kann nicht als Ersatz für eine Übernachtungssteuer herangezogen werden.
Die Verwaltung erklärt dazu wörtlich: „Eine Abführung dieser Mehrerlöse in den städtischen Haushalt ist allerdings nicht möglich da das Jahresergebnis des Betriebsteils Bergbahn des Eigenbetriebs ‚Stadtbetriebe Heidelberg‘ trotz dieser Mehrerträge immer noch negativ ist. Somit können auch die planmäßig ab 2018 in der Haushalts- und Finanzplanung enthaltenen finanziellen Erträge in Höhe von jährlich 1,2 Millionen Euro nicht erzielt werden. Das ordentliche Ergebnis verschlechtert sich entsprechend.“ Verschwiegen wird zudem, dass die Stadt Heidelberg in den Jahren 2019 und 2020 keine jährlichen Einnahmen erzielen wird.
Die vom Arbeitskreis errechneten Einnahmen von jährlich 525.000 Euro (Erhöhung des Kombitickets ab 2019) können nicht als Gegenfinanzierung für die Übernachtungssteuer herangezogen werden, da diese Einnahmen der HSB zustehen. Der Wegfall der Übernachtungssteuer führt dazu, dass in der mittelfristigen Finanzplanung pro Jahr mindestens 1,2 Mio. Euro fehlen. Das führt in den Jahren 2018-2021 zu Einnahmeausfällen von knapp 5 Mio. Euro.
Ja, das stimmt. Dabei weisen wir darauf hin, dass die Heidelberger Hotels im Jahr 2016 zusammen rund 1 Millionen Euro Gewerbesteuer gezahlt haben. Aber nicht alle Hotelbetriebe in Heidelberg zahlen auch Gewerbesteuer. Die Verwaltung teilt zudem mit: „In Freiburg haben mit der Einführung der Bettensteuer fast alle Hotelbetriebe ihre Übernachtungspreise erhöht und so die Steuer an ihre Kunden weitergegeben. Trotz Steuer sind die Übernachtungszahlen dort nicht zurückgegangen. Eine nachträgliche Überprüfung der 5 größten Hotelbetriebe dort ergab, dass sich nach Einführung der Übernachtungssteuer – trotz eines höheren Verwaltungsaufwands – die Gewerbesteuerzahlungen dieser Betriebe nur unwesentlich verändert haben.“
Im Klartext: Die Übernachtungssteuer kann zu einer Reduktion der Gewerbesteuereinnahmen führen. Diese Mindereinnahmen werden aber durch die Einführung der Übernachtungssteuer in Höhe von mindestens 1,2 Mio. Euro mehr als kompensiert.
Ja. Allerdings haben wir immer betont, dass die Übernachtungssteuer möglichst aufwandsarm umgesetzt werden soll. Die Stadt kann hier z.B. Musterformulare zur Verfügung stellen, um die Hotels zu entlasten und unterstützen.
Zudem ist es denkbar, dass Online-Buchungsportale die Abwicklung der Übernachtungssteuer für die Hotels und die Kommune übernehmen. So wird Airbnb in Dortmund künftig die Bettensteuer vom Gast einnehmen und an die Stadt weiterleiten. (s. Spiegel online vom 27.10.2017) Eine solche Vereinbarung wäre auch für Heidelberg und Hotelbuchungs-Portale wie HRS oder booking.com denkbar. So könnte Heidelberg als Digitale Stadt bsp. der Zukunft vorangehen und eine Musterlösung für Deutschland erarbeiten. Für die Entwicklung könnte man die angebotenen 300.000 Euro der Hoteliers sinnvoll einsetzen.
Ja! Die Stadtverwaltung schreibt dazu: „Die mögliche Einführung einer Übernachtungsteuer ist eindeutig durch das Steuerfindungsrecht der Kommunen abgedeckt; dieses steht aktuell nicht zur Debatte. Aktuell sind drei Verfassungsbeschwerden anhängig. Diese Tatsache alleine sagt allerdings über deren Erfolgsaussichten nichts aus. Nachdem der VGH Baden-Württemberg die Freiburger Satzung dem Grunde nach bestätigt hat, ist allerdings ein wesentlicher Faktor an Rechtsunsicherheit ‚erledigt‘.“
Über die Übernachtungssteuer wird im Gemeinderat am Donnerstag, 16. November, diskutiert. Die Tagesordnung und alle dazugehörigen Unterlagen finden Sie hier!
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